Wo das Elend zum Alltag gehört, wo das Einkommen oft nicht einmal für eine warme Mahlzeit am Tag reicht, ist ein Arztbesuch unerschwinglicher Luxus. Millionen Menschen in den Armutsregionen der Welt bleibt eine medizinische Grundversorgung verwehrt. Ihnen bieten die ehrenamtlich arbeitenden German Doctors kostenfrei ärztliche Hilfe an. Die aktuellen weltumspannenden Krisen haben die Lebenssituation dieser Menschen weiter verschlechtert.
Das Leben im Müll ist gnadenlos
Das Leben in Korogocho entlang der größten Müllhalde Nairobis ist furchtbar hart. Schon die Kinder wühlen sich durch Berge stinkenden Abfalls, um etwas Brauchbares zu finden. Manche Familien haben sich auf altes Glas spezialisiert oder auf Plastikmüll. Nurus* Familie sammelt alte Brotkrumen aus dem Unrat, die sie dann in kleinen Tüten verkauft – immer umschwirrt von Fliegen und Vögeln. Geschätzt 200.000 Menschen leben in Korogocho dicht gedrängt in provisorischen Behausungen ohne Kanalisation und Frischwasser.
*Name geändert
Nurus Hände sind verwundet und entzündet
Wie bitter nötig medizinische Hilfe für die Familien im Armenviertel Korogocho ist, wird deutlich, wenn der kleine Nuru seine Hände zeigt: Sie sind verwundet, entzündet, verätzt. Nuru lebt mit seiner Familie am Rande der größten Müllkippe der Stadt. Sie ist ihre Einkommensquelle und er muss mithelfen und sich durch Berge stinkenden Unrats wühlen. Immer wieder verletzt der kleine Junge sich dabei an Glasscherben oder scharfkantigem Plastik.
Die German Doctors bringen medizinische Hilfe
Nuru und sein kleiner Bruder sind nur zwei von insgesamt 400 Patientinnen und Patienten, die an diesem Tag in die Sprechstunde kommen. Sterile Wundverbände werden angelegt, es werden Antibiotika, entzündungshemmende Medikamente, Entwurmungsmittel und Augentropfen verordnet. Einfache Laboruntersuchungen machen wichtige Diagnosen möglich. Viele Patientinnen und Patienten haben Lungenprobleme, leiden unter chronischen Erkrankungen, gefährlichen Durchfällen und Gelbsucht – für alle sind die German Doctors die einzige Chance, sich behandeln zu lassen.
25 Jahre Erfahrung in Nairobi
Bereits seit 25 Jahren sind die German Doctors in Nairobis größtem Armenviertel Mathare aktiv. Die Baraka-Ambulanz ist ein Leuchtturm für rund 500.000 Menschen, die sich bestenfalls mit Gelegenheitsarbeiten ein mageres Auskommen finanzieren. Eine Krankenversicherung hat hier niemand und das Geld für einen regulären Arztbesuch fehlt. So kann schon ein gebrochenes Bein ohne Behandlung zu einem lebenslangen Leiden führen – und zum Verlust des Jobs. Das bedeutet in den Slums von Nairobi, dass die gesamte Existenz der Familie bedroht ist. Die Corona-Pandemie hat diese Situation weiter verschärft. Umso wichtiger ist das Ernährungsprogramm, das an die Ambulanz angegliedert ist und in dem vor allem mangel- und unterernährte Kinder versorgt werden. Darüber hinaus werden die vielen chronisch kranken Patientinnen und Patienten durchgängig betreut. Sie leiden vor allem unter HIV-Infektionen.
So sind die Einsätze in Korogocho organisiert
Einmal pro Monat startet das ehrenamtliche ärztliche Team gemeinsam mit einheimischen Fachkräften von der stationären German Doctors Ambulanz in Mathare in das sechs Kilometer entfernte Korogocho. An diesen Tagen wird bislang eine improvisierte Ambulanz in den Räumen des Projektpartners Ayiera Initiative eingerichtet. Hamilton Ayiera engagiert sich dafür, dass Mädchen und Jungen in Korogocho zur Schule gehen können. Er ist selbst im Slum aufgewachsen und suchte auf der Müllkippe nach Essen. Seite an Seite können die beiden Organisationen mit ärztlicher Hilfe und Bildungsangeboten eine bessere Zukunft für die gepeinigten Kinder schaffen.
Die ärztlichen Sprechstunden in Korogocho sind lang und anstrengend – der Bedarf ist riesig und das Team der German Doctors fährt am Abend mit gemischten Gefühlen zurück nach Mathare. Es ist die Freude, so vielen Menschen helfen zu können, und das Wissen, dass der Bedarf wesentlich größer ist und die Menschen in Korogocho viel häufiger und regelmäßig medizinische Hilfe brauchen. Daher plant die Hilfsorganisation hier ebenfalls eine feste Ambulanz einzurichten, um die vielen Patientinnen und Patienten in Korogocho behandeln zu können.