Wie ist es um unsere Erde bestellt – gehen wir unter im Müll?
Man kann mit Sicherheit sagen, dass wir ein weltweites Müllproblem haben, mit dem wir auf Dauer umgehen müssen, wollen wir nicht im Müll untergehen. TerraCycle war zusammen mit anderen Firmen aktiver Teilnehmer in der Ellen MacArthur Foundation Studie The New Plastics Economy, in der der aktuelle weltweite Verbrauch von Plastikverpackungen untersucht wurde.
Weltweit ist in Sachen Kreislaufwirtschaft noch viel zu tun
Allein die aktuellen Zahlen für Plastikverpackungen, ohne andere Abfallarten zu berücksichtigen, sind enorm: Ca. 78 Millionen Tonnen Plastikverpackungen pro Jahr werden produziert, von denen zurzeit weltweit ungefähr 40% auf Müllhalden und 32% im Meer landen und nur magere 10% dieser Materialien werden wieder eingesammelt und tatsächlich wiederverwertet.
TerraCycle arbeitet zusammen mit den Herstellern an Lösungen für dieses Problem, indem wir den Anteil der recycelten Materialien erhöhen und so die Recyclingraten für Plastikabfälle steigern, idealerweise irgendwann auf 100%.
Was halten Sie von der aktuellen Kreislaufwirtschaft? Gibt es noch Potenzial?
Weltweit ist in Sachen Kreislaufwirtschaft noch viel zu tun. Aber auch in Deutschland, einem Vorreiter der Recycling-Industrie, gibt es im aktuellen System noch einiges an Potenzial, vor allem in Sachen Plastik-Verwertung. In Deutschland werden vorbildlich große Mengen an Glas und Papier recycelt und durch die Biotonne sowie Kompostanlagen werden organische Abfallprodukte wiederverwertet.
Aber gerade Plastik-Abfälle haben heute oft noch einen linearen Lebenszyklus auch in Deutschland. Das heißt, sie werden aus Rohmaterial hergestellt, verwendet und statt sie wieder einem Produktreislauf zuzuführen, werden sie verbrannt. Dabei können Materialien wie Verbundabfälle, bei denen mehrere Materialien miteinander vermischt werden, auch heute schon recycelt werden.
Aber es lohnt sich ökonomisch nicht, weil der Prozess des Trennens und Aufbereitens teurer ist als das neu-entstehende Material. Diese Abfälle gehören deshalb zur Gruppe der schwer- oder „unrecycelbaren“ Abfälle. Das heißt, dass auch wenn es aus einer Umweltperspektive sinnvoller wäre diese Plastikabfälle aufzubereiten und in ähnliche oder neue Produkte zu verwandeln, um dadurch zum Beispiel vorhandene Ölressourcen zu schonen, wird es häufig nicht getan, weil dieser Prozess sehr teuer ist.
Wir entwickeln für sie Recyclingprozesse, um ihre Produkte wieder dem Kreislauf zuzuführen, und die Firmen tragen die Mehrkosten dieses Recyclings.
Stattdessen wird ein großer Teil der zurzeit gesammelten Verbundabfälle energetisch verwendet, also verbrannt, um aus dem Verbrennungsprozess Energie zu gewinnen. Dabei gehen aber die verwendeten Materialien verloren und die aus der Verbrennung gewonnene Energie steht eigentlich in keinem Verhältnis zu der Energie, die aufgewendet wurde, um die Produkte aus Rohöl oder anderen Rohstoffen herzustellen.
Nach der gesetzlichen Verwertungsquote der Verpackungsverordnung werden nur 36% der Verpackungsabfälle aus Kunststoff werkstofflich recycelt. Hier gibt es in Sachen Kreislaufwirtschaft also durchaus noch Potenzial nach oben. Deshalb arbeitet TerraCycle mit verantwortungsvollen Herstellerfirmen zusammen, die sich darum kümmern möchten, dass Ihre Plastik-Verpackungen tatsächlich recycelt werden und nicht in der Müllverbrennung landen.
Wir entwickeln für sie Recyclingprozesse, um ihre Produkte wieder dem Kreislauf zuzuführen, und die Firmen tragen die Mehrkosten dieses Recyclings.
Was ist das Besondere daran, ein „grüner Gründer“ zu sein? Was unterscheidet TerraCycle von klassischen Unternehmen?
Im Unterschied zu klassischen Unternehmen, die eine Geschäftsidee haben und dann Umweltaspekte und Nachhaltigkeit (hoffentlich) in einem zweiten Schritt in ihr Geschäftsmodell quasi im Nachgang integrieren, ist TerraCycle aus einer Umweltidee heraus entstanden. Gestartet ist das Unternehmen als Firma für Bio-Pflanzendünger, gewonnen aus den Abfällen der Kantine der Princeton University.
Statt den Dünger in teure, neue Behälter zu füllen, nutzte ich als günstige Alternative gebrauchte Coca Cola Flaschen. Ich hatte also ein Produkt, das aus Abfall gewonnen wurde und in Abfall verpackt wurde. Aus diesen Anfängen entstand die Idee, nach dem Vorbild der Natur das Konzept von Abfall abzuschaffen. Denn Abfall gibt es eigentlich nicht.
Tom Szaky: Sammelt „Nicht-Recycelbares“ und recycelt es trotzdem. – Foto: TerraCycle
Von da an beschritt das Unternehmen zunehmend neue Wege, um Lösungen für Abfallprodukte zu finden, die kaum wiederzuverwerten waren. Bei diesem Modell sind wir geblieben und wir arbeiten auch noch heute fast ausschließlich mit schwer-recycelbaren Abfällen, die andere Entsorger aus Kostengründen ablehnen. Dazu arbeiten wir auf der einen Seite eng mit den Herstellerfirmen zusammen, für deren Verpackungen wir Recycling-Lösungen finden, um ihren Müll zu 100% zu recyceln.
Auf der anderen Seite arbeiten wir mit Recycling-Partnern, für die wir Prozesse entwickeln und die diese dann selbstständig umsetzen. Das heißt TerraCycle entwickelt die Ideen und Lösungen und übernimmt die Koordination der Entsorgung von Abfallströmen, die entweder noch gar nicht oder kaum recycelt werden.
Was verstehen Sie unter einem nachhaltigen Geschäftsmodell?
Ein nachhaltiges Geschäftsmodell sollte nicht nur auf reine und kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtet sein, sondern sollte Langzeitperspektiven im Auge haben. Ich finde es für ein nachhaltiges Geschäftsmodell wichtig, dass die Firma einen Zweck hat, auf den sie sich dann im Geschäftsmodell konzentrieren sollte. TerraCycle ist beispielsweise bereits aus einer Nachhaltigkeitsidee entstanden und das „Konzept Abfall abschaffen“ ist der Kern von TerraCyles Geschäftsmodell.
Wenn man so will, ist Teil unseres Geschäftsmodells, Firmen zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen.
Obwohl wir als Unternehmen finanziell am Markt bestehen müssen, steht bei TerraCycle das Umweltengagement im Vordergrund. Das heißt, dass wir fast den kompletten Gewinn wieder reinvestieren, um unsere Programme weiterausbauen zu können. Unser Hauptgeschäft ist es mit Herstellerfirmen und Fabriken zusammenzuarbeiten, um mit ihnen gemeinsam umweltfreundliche Lösungen für ihre schwer-recycelbaren Verpackungen und Produkte zu finden, und diese durch Recycling oder Kaskadennutzung wieder in den Produktkreislauf einzufügen.
Dadurch können Ressourcen gespart, neue Müllproduktion minimiert werden und Herstellerfirmen können selbst Verantwortung für die Wiederverwertung ihrer Produkte übernehmen. Wenn man so will, ist Teil unseres Geschäftsmodells, Firmen zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen.
Haben Sie eigentlich ein finanzielles Interesse daran, dass sich an unserer heutigen Konsum- und Wegwerfgesellschaft nicht viel ändert, damit Ihnen die Aufträge nicht ausgehen?
Diese Frage höre ich oft. Wir verdienen im Moment tatsächlich unser Geld damit, Dinge zu recyclen, die im Sinne des Umweltschutzes idealerweise gar nicht erst produziert werden sollten. TerraCycle ist als eine Antwort auf die Probleme unserer heutigen Konsum- und Wegwerfgesellschaft entstanden, um umweltverträglichere Lösungen für verbrauchte Plastik-Verpackungen und -güter zu finden.
Wenn diese Mengen an Plastikmüll schon produziert werden, dann lasst uns wenigstens dafür sorgen, dass die gebrauchten Materialien im Kreislauf bleiben
Diese Güter und Verpackungen werden zurzeit in großen Mengen produziert und sind in den meisten Fällen auch oft eine praktische Art, um Verbrauchsgüter sicher von a nach b zu bringen, ob wir das nun gut finden oder nicht.
Und solange diese Güter von den Herstellerfirmen produziert und von den Konsumenten angenommen und genutzt werden, solange brauchen wir Lösungen, damit die genutzten Stoffe wieder einem Kreislauf zugeführt werden.
Das ist zumindest sehr viel besser, als diese Ressourcen auf Müllhalden langsam verrotten zu lassen oder in der Müllverbrennung zu verfeuern.
Wenn diese Mengen an Plastikmüll schon produziert werden, dann lasst uns wenigstens dafür sorgen, dass die gebrauchten Materialien im Kreislauf bleiben und nicht auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Aber es wäre natürlich schöner, wenn wir erst gar nicht gebraucht würden und wir würden uns freuen, wenn unsere Dienstleistungen eines Tages überflüssig würden.
Dann werden wir unsere Energien in andere sinnvolle und hilfreiche Projekte stecken.