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WIE WOLLEN WIR LEBEN

WIE WOLLEN WIR LEBEN?

Foto: Viktor Strasse

Die “Wir”-Mentalität kann eine neue Qualität von Dorf- und Kiezgemeinschaften schaffen.

Dr. Julian Zuber
Geschäftsführer von GermanZero

Wäre Deutschland ein Haushalt, würde er bereits jetzt viel mehr in Nachhaltigkeit investieren als bisher, denn es lohnt sich finanziell. In einer klimaneutralen Gesellschaft sinken die Lebenshaltungskosten langfristig. Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne wird zunehmend günstiger als fossile Brennstoffe. Der Ausbau erneuerbarer Energien führt zu einer stabileren Energieversorgung und geringeren Energiekosten. Auch Energieeffizienzmaßnahmen im Verkehrs- und Gebäudesektor senken den Verbrauch und damit die Kosten für Heizung, Kühlung und Mobilität weiter. Ökonomisch betrachtet: Vermeidungskosten sind niedriger als Anpassungskosten. Klimaschutz kostet, kein Klimaschutz kostet uns mehr.

Die Hürden dabei: In Deutschland verhandeln 80 Millionen Menschen darüber, ob und wie wir den Weg Richtung Klimaneutralität beschreiten wollen. Dazu kommt, dass die notwendigen Investitionen für die Umstellung von einer fossilen auf eine nachhaltige Gesellschaft gigantisch sind: Allein in Deutschland werden wir in den nächsten Jahrzehnten als Gesellschaft jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro in den Klimaschutz investieren müssen, um die uns selbst gesetzten, schon jetzt unzulänglichen Klimaziele zu erreichen. Diese Transformation bringt eine ähnliche Tragweite an Veränderungen, Herausforderungen und auch Chancen mit sich, wie zuletzt vermutlich die industrielle Revolution. Gerade daher sind neben einer klaren Kommunikation zum Wie und Warum eine faire Verteilung von Lasten und eine Ausschöpfung von Potentialen grundlegend für einen Übergang, der uns als Gesellschaft zusammenbringt und nicht spaltet.

Warum sozialer Ausgleich?

Ein sozialer Ausgleich ist auf dem Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft in den nächsten zwei Jahrzehnten aus zwei Gründen unerlässlich: Zum einen sind wir noch immer stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Entlastungen und Härtefallregelungen sind in Zukunft bei fossilen, nicht bei erneuerbaren Energien notwendig. Anstelle dessen geben wir in Deutschland weiterhin jährlich Steuergelder in Höhe von 65 bis 70 Milliarden Euro aus, um fossile Energieträger durch Privilegien für Dienstwagen, Steuerbefreiung von Kerosin oder Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge zu subventionieren.

Zum anderen fehlt vielen Haushalten bisher die Orientierung, wie sie selbst klimaneutral werden können. Die erforderlichen Investitionen in klimaneutrale Wärme und Mobilität übersteigen oft bei weitem die finanziellen Möglichkeiten von Bürger:innen. Auch das im Koalitionsvertrag versprochene, durch die CO2-Bepreisung generierte Klimageld reicht nicht aus, um dieses Investitionsvolumen zu decken. Hier sind umfassendere Maßnahmen gefragt, um alle gesellschaftlichen Schichten in den Wandel einzubeziehen und niemanden zurückzulassen.

Wege nach Paris, Wege in die Heimat

Die Wege nach Paris bedürfen zudem anderer Politikinstrumente wie Bürgerenergiegemeinschaften oder Wärmegenossenschaften. Diese Instrumente werden eine Renaissance des Lokalen – unserer Heimat – einleiten, indem Bürger:innen im republikanischen Sinne wieder stärker selbst anpacken, um die Wärme- und Energiewende auf Augenhöhe mit Verwaltung und Unternehmen zu gestalten. Diese “Wir”-Mentalität kann eine neue Qualität von Dorf- und Kiezgemeinschaften schaffen. Dieses neue Gefühl von Verbundenheit und Selbstbestimmung wird sich historisch im direkten Gegensatz zum Ohnmachtsgefühl in der Klimakrise herausbilden. Und wie wollen Sie leben?

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