Mit einer Fläche von 16 Hektar ist das Tierheim Berlin so groß wie 22 Fußballfelder und somit das größte in Europa. Aktuell beherbergt es nicht nur 400 Katzen und 300 Hunde, sondern auch sogenannte Nutztier, wie Schweine, Enten oder Schafe und Ziegen. Aber auch zahlreiche Kleintiere und viele Exoten, darunter auch Affen und Schlangen, werden von 180 festangestellten Mitarbeitern, aber auch vielen ehrenamtlichen Helfern, tagtäglich betreut. Im Interview erzählt Annette Rost über das Leben der Tiere im Tierheim und wie man sich für den Tierschutz engagieren kann.
Annette Rost
Leitung Kommunikation und Marketing, Tierheim Berlin
Gibt es Vorurteile gegenüber den Tieren aus dem Tierheim?
Leider ja! Mit der Behauptung, dass Tierheimtiere per se schwierig oder traumatisiert wären, werden wir natürlich immer mal wieder konfrontiert. Dies entspricht aber selbstverständlich nicht den Tatsachen.
Natürlich
gibt es Tiere, die aufgrund von Misshandlungen oder falscher Haltung Menschen
gegenüber sehr skeptisch sind – und das auch auf ihre Art äußern. Aber die
meisten Tiere sind absolut verträglich und einfach heilfroh in ein neues
Zuhause ziehen zu dürfen.
Es gibt schließlich auch Haustiere, die abgegeben werden, weil das
Zusammenleben nicht mehr möglich war. Sei es durch eine Trennung der Besitzer, Umzug,
Jobwechsel, plötzliche Allergie. Auch
ein Todesfall oder ein Umzug in ein Pflegeheim kann Grund für eine Abgabe sein.
Das bedeutet also nicht immer gleich, dass eine Traumatisierung bei den Tieren
vorliegt.
Frau Rost, Wie finanziert sich das Tierheim überhaupt?
Das Tierheim Berlin finanziert sich fast ausschließlich über Nachlässe, Spendengelder und Mitgliedsbeiträgen. Wir bekommen nur für den Betrieb der amtlichen Tiersammelstelle des Landes Berlin, in dem alle Fundtiere Berlins ankommen, einen Obolus.
Aktuell bemühen wir uns um einen neuen Vertrag, da wir leider auch in diesem Jahr wieder 1,4 Millionen Euro aus eigener Tasche für die Berliner Fundtiere dazu schießen müssen. Die Fundtiere, die bei uns abgegeben werden, werden nämlich nicht ausreichend von der Stadt finanziert.
Zu welcher Zeit werden die meisten Tiere adoptiert? Und was ist der Grund warum so viele Tiere ausgesetzt oder abgegeben werden?
Die Vermittlung verteilt sich eigentlich über das ganze Jahr eigentlich recht gleichmäßig. Im Sommer haben wir die höchste Anzahl an Tiere im Tierheim, das liegt zum großen Teil an den vielen Katzenbabys, die wir dann beherbergen. Zu Weihnachten stellen wir die Vermittlung übrigens ein, um spontane Anschaffungen zu vermeiden.
Im Vergleich zum Sommer des Vorjahres wurden in 2019 leider mehr Tiere ausgesetzt. Wir verzeichnen hier eine Steigung von 15%. Wir glauben, dass viele Tiere auch aus finanziellen Gründen ausgesetzt werden, weil die Tierbesitzer sich die Haltung einfach nicht mehr leisten können.
Warum sollte man ein Tier aus dem Tierheim adoptieren?
Viele Tiere aus den Tierheimen in Deutschland warten auf eine zweite Chance, die sie auch mehr als verdient haben. Man tut sehr Gutes indem man einem Tier eine Heimat und ein Zuhause gibt. Deswegen auf jeden Fall zuerst einem Tierheim vorbeischauen! Was auf gar keinen Fall gemacht werden sollte ist, ein Tier über das Internet zu kaufen. Dies sind häufig Tiere aus illegalem Handel und genau das verursacht unendliches Tierleid! Die Welpen, die sie hier vermeidlich günstig bekommen sind sehr oft sehr krank und können Tierarztkosten in erheblicher Höhe verursachen.
Bei unseren Vermittlungen ist die Beratung ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Die Vermittlungen laufen über unsere Tierpfleger, weil sie die Tiere in Ihrem Bereich natürlich am besten kennen.
Die Besucher können sich also an einen Pfleger wenden, schildern, wie die Lebensumstände und der Lebensalltag sind. Die Pfleger beraten dann, welcher Hund oder welche Katze am besten zum jeweiligen Leben passt. Schließlich macht es keinen Sinn sich einen Hund zuzulegen, der sehr anspruchsvoll ist, aber dadurch vielleicht gar nicht ins die aktuelle Lebenssituation passt. Durch ausführliche Beratungsgespräche können wir also sicher sein, dass das Tier in eine perfekte Umgebung kommt.
Gewöhnen sich Tiere aus dem Tierheim schnell an ihre neue Umgebung?
Das ist von Tier zu Tier unterschiedlich und sehr individuell. Wir geben den Tierbesitzern viele Informationen worauf man am Anfang achten sollte. Zudem sind die Situationen auch ganz unterschiedlich. Wenn zum Beispiel bereits ein Tier im Haushalt vorhanden ist, dann ist es eine ganz andere Eingewöhnung, als wenn dies nicht der Fall ist. Hier bekommt man von unseren Pflegern die besten Tipps. Und ganz wichtig ist, dass man dem Tier viel Zeit gibt sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
Welche Möglichkeiten gibt es sich für den Tierschutz zu engagieren?
Kinder und Jugendliche haben die Möglichkeit Mitglied in unserer Tierschutzjugend zu werden und können sich hier rund um das Thema Tierschutz und Tierschutzprojekte austauschen und einbringen. Für Kinder, denen das Lesen ein bisschen schwerer fällt haben wir das Projekt „Kinder lesen Katzen vor“ ins Leben gerufen.
Ehrenamtliches Engagement für Erwachsene ist in ganz vielen Bereichen des Tierheims möglich. Unsere Highlight sind aber als Katzenstreichler den Katzen etwas Gutes zu tun oder – falls das Herz für Hunde schlägt: Gassi gehen mit Tierheimhunden.
Übrigens ist in keinem Tierheim der Betrieb ohne die großartigen ehrenamtlichen Unterstützer möglich. Diese Leistung kann man gar nicht oft genug hervorheben!
Werden auch Sie aktiv!
Weitere Informationen rund um das Tierheim Berlin und wie auch Sie helfen können finden Sie unter tierschutz-berlin.de/helfen