Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine Mammutaufgabe, die nur gemeinsam gelöst werden kann. Ein Gespräch mit Matthias Hartmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Techem, über den Anteil des Gebäudesektors und wie die Digitalisierung dazu beitragen kann, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen.
Matthias Hartmann
Vorsitzender der Geschäftsführung von Techem
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesteckt, die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Welchen Beitrag kann die Immobilienwirtschaft hier leisten?
Der Anteil des Gebäudesektors am Energieverbrauch beträgt allein in Deutschland rund 35 Prozent. Was Viele nicht wissen, nur rund 15 Prozent der genutzten Endenergie in Wohnungen entfällt auf Strom, auf den Wärme- und Warmwasserverbrauch hingegen rund 85 Prozent. Eine Verringerung des Wärmeverbrauchs in Wohnungen vermeidet also ungleich mehr CO2, als eine Reduzierung des Stromverbrauchs.
Ziel ist ein klimaneutraler Gebäudebestand. Welche Voraussetzungen braucht es dafür?
Urbanisierung, Digitalisierung und Klimaschutz zielen als Megatrends in die gleiche Richtung: smartes und klimaneutrales Wohnen. Der Weg dahin führt aus dem Gebäude hin zu Wohnquartier-Lösungen und von dort weiter in die Städte als Smart Cities. Die notwendige Reduzierung der CO2-Emissionen in Immobilien erfordert neben der stärkeren Nutzung regenerativer Energiequellen eine enorme Senkung des Energieverbrauchs. Das funktioniert mit einem gut eingestellten Heizsystem und mit dem Monitoring von Anlagen. Innovative, digitale, technische Maßnahmen können dabei den Investitionsbedarf minimieren, um die gesellschaftlichen Kosten der Energiewende in Wohngebäuden im Rahmen zu halten. Essenziell sind darum politische Rahmenbedingungen, die moderne Technik und investitionsentlastende Modernisierungskonzepte voranbringen: Die Immobilienwirtschaft kann zum Beispiel jetzt, auch dank der geplanten Bundesförderung für effiziente Gebäude, die Chance nutzen, ihren Gebäudebestand und ihre Abläufe nachhaltig durch zu digitalisieren und die Energieeffizienz zu steigern.
Können Sie konkrete Beispiele geben, wie eine solche Digitalisierung dabei hilfreich ist?
Ein Beispiel ist, das Heizungssystem innerhalb eines Gebäudes besser zu vernetzen und Heizungsanlagen auch dauerhaft digital zu monitoren. Künstliche Intelligenz kann helfen, den tatsächlichen Wärmebedarf und die Wärmeerzeugung aufeinander abzustimmen und die Anlage dauerhaft im optimalen Betriebszustand zu halten. Das spart bis zu 20 Prozent an Brennstoff und senkt dadurch den CO2-Fußabdruck eines Gebäudes deutlich. Diese Maßnahmen sind im Gegensatz zu einer hochinvestiven Dämmung in den Kosten vergleichsweise niedrig.
Wie profitieren denn die Mieter oder Vermieter davon?
Für uns steht der Kunde im Mittelpunkt. Als digitaler Servicepartner der Immobilienwirtschaft ist unser Beitrag, unausgeschöpfte Einsparpotenziale aufzuzeigen und Gebäude heute und in Zukunft grün, smart und auch gesund zu machen. Unsere Kunden profitieren durch eine intelligente Digitalisierung nicht nur von mehr Energieeffizienz und damit auch geringeren Energiekosten, sondern auch von effizienteren Prozessen in der gesamten Immobilie. Gelingt ein klimaneutraler Gebäudebestand flächendeckend hierzulande, wirkt sich das auch auf den Standort Deutschland aus: In einem Europa, das mit dem Grünen Deal vom Dezember 2019 einen Neuanfang in der Klimapolitik schaffen und bis 2050 der erste treibhausgasneutrale Kontinent werden will.