Der Zweck eines Tierschutzgesetzes ist es, Tiere zu schützen – sollte man meinen. Doch jahrelang hat das deutsche Tierschutzgesetz eher den Interessen der Menschen und der Industrie gedient: Millionen Tiere leiden nach wie vor durch ein Tierschutzgesetz mit unzureichenden Vorgaben, zahllosen Schlupflöchern oder Mängeln bei Kontrollen und Strafverfolgung. So ist es beispielsweise bis heute erlaubt, Puten Teile ihrer Schnäbel oder Ferkeln die Ringelschwänze abzuschneiden – alles angeblich zum „Wohl der Tiere“. In Wirklichkeit sollen die Tiere daran gehindert werden, sich aus Langeweile in den viel zu engen Ställen, teilweise ohne Tageslicht und ohne Kontakt zum Außenklima gegenseitig zu verletzen. Die Bedürfnisse der Tiere spielen in einem gnadenlos auf Marktwirtschaft ausgerichteten System eben keine Rolle.
Jetzt arbeitet die Regierungskoalition seit einigen Monaten daran, das Tierschutzgesetz zu verbessern. Für die größte Tierschutzgesetznovelle seit zehn Jahren hat das Bundeslandwirtschaftsministerium im Februar dieses Jahres einen Entwurf vorgelegt. Ist also Rettung in Sicht? Derzeit sieht es nicht so aus. Denn der aktuelle Gesetzentwurf, der gerade in Berlin verhandelt wird, sieht immer noch vor, dass den Tieren in den Ställen und Mastanlagen Körperteile amputiert werden dürfen. So soll Ferkeln weiter der Ringelschwanz abgeschnitten und Puten der Schnabel gekürzt werden können. Auch das Leid der Wildtiere im Zirkus sowie der grausame illegale Handel mit Welpen werden mit den Vorschlägen im Gesetz nicht beendet. Wenig erfreulich ist auch das Thema Anbindehaltung bei Rindern. Die aktuellen Planungen sehen vor, dass Rinder noch für weitere zehn Jahre im Stall ganzjährig angebunden werden dürfen. Also ein weiteres Jahrzehnt, in welchem viele Tiere nicht wie in idyllischen Werbeclips auf den Almwiesen grasen, sondern einen Großteil ihres Lebens an Ketten oder Stricken in den Ställen fixiert werden – nahezu zur Bewegungslosigkeit verdammt. Um die Duldung solch einer Methode als Verbesserung in einem Tierschutzgesetz zu bezeichnen, bedarf es schon einiges an Fantasie. Bisher wurde also die Chance versäumt, den Grundstein für eine echte Reform zu legen.
Bis zum finalen Gesetz wird voraussichtlich noch bis in den Herbst verhandelt. Leider drängt sich momentan der Eindruck auf, dass im Laufe des Gesetzgebungsprozesses der ohnehin schon schwache Gesetzentwurf nicht verbessert, sondern weiter verwässert wird. Immer mehr Industrieteilnehmer sehen im Tierschutzgesetz ihre finanziellen Interessen gefährdet und lobbyieren kräftig für weniger Tierschutz im Gesetzestext.
Doch zumindest theoretisch kann das Gesetz auch noch besser werden. So könnten zum Beispiel die Bundesländer voraussichtlich in der kommenden Bundesratssitzung am 05. Juli mit ihrer Stellungnahme einen Impuls für ein stärkeres Gesetz geben. Aus tierschutzpolitischer Sicht müssen die Bundesländer die Chance nutzen, mit einer progressiven Stellungnahme im Sinne der Tiere ihren Teil dazu beizutragen, dass die Lücken im mangelhaften Tierschutzgesetzentwurf noch geschlossen werden.
kämpft dafür, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren tiefgreifende Nachbesserungen erfolgen, damit am Ende ein Tierschutzgesetz herauskommt, welches seinen Namen auch verdient.
Mit der Kampagne „Tierisch ungerecht“ informiert VIER PFOTEN alle Bürger:innen über die Novellierung des Gesetzes und erhöht so auch den Druck auf alle beteiligten Politiker:innen. Denn klar ist: Tierschutz ist kein Selbstzweck, sondern seit 22 Jahren im Grundgesetz verankert. Alle politischen Verantwortlichen haben mit der Tierschutzgesetznovelle die Chance, dem Staatsziel Tierschutz endlich Rechnung zu tragen und millionenfaches Tierleid in Deutschland zu beenden.
Millionen Tiere leiden, weil das Gesetz sie nicht schützt
Jede:r, dem Tierschutz am Herzen liegt, kann VIER PFOTEN mit seiner und ihrer Stimme unterstützen: Bitte unterzeichnen Sie die Petition von VIER PFOTEN für ein echtes Tierschutzgesetz